Ubuntu 19.10 Testbericht

Kurz vorweg: Die letzten paar Monate kamen hier im Blog nur noch sehr wenige Artikel und Übersetzungen von mir. Das lag daran, dass ich meine Bachelorarbeit schreiben musste, die ich am 14.11. erfolgreich verteidigt habe. Damit habe ich mein Studium zum Bachelor der Informatik nun erfolgreich beendet und kann mich endlich wieder anderen Dingen widmen – darunter mehr Artikel, Übersetzungen und Videos für NerdZoom. Das nur kurz vorweg – jetzt aber zu Michals Testbericht. LG André

Wenn man schon einmal einen meiner früheren Testberichte gelesen hat, weiß man, dass ich eine schwierige Beziehung zu Gnome habe. Ich liebe die Ästhetik, aber ich verabscheue die Zahl der Desktop-crashenden Bugs, die verworfenen Frames und die Zahl der zusätzlichen Klicks, die man machen muss, um etwas zu erledigen. Allerdings ist Gnome 3.34 in Ubuntu 19.10 ein riesiger Sprung nach vorne. Und wenn das Gnome-Kernteam, das durch Canonicals erneute Bemühungen unterstützt wird, die Leistung und Stabilität in den folgenden Versionen immer wieder optimiert, könnte ich versucht sein, mit dem Distro-Hopping aufzuhören und bei Vanilla Ubuntu zu bleiben, bis etwas Außergewöhnliches in der Welt der Linux-Distributionen passiert.

Gnome 3.34 in Ubuntu 19.10 zu benutzen fühlt sich so an, als würde man sich daran gewöhnen, mit einer neuen Freundin zusammen zu leben, nachdem man versucht hat, sich mit einer Reihe von zufälligen Bekanntschaften von einer schlechten Trennung zu erholen. Das heißt, ich vermisse immer noch Unity und ich erinnere mich gerne an seine kleinen Macken und einzigartigen Funktionen (I <3 HUD), aber ich finde diverse aufregende Dinge, die ich an dieser neuen Beziehung zu schätzen weiß.

Da gibt es Dinge, von denen ich nicht einmal wusste, dass ich sie wollte, wie z.B. eine gute Touch-Unterstützung. Ich habe meinen ersten Touchscreen-Laptop (Lenovo X1 Carbon) und das Befummeln meines Bildschirms (gnihihi), um durch lange akademische Arbeiten zu scrollen, ist ein Geschenk des Himmels. Das korrekte Anpassen der Skalierung einiger ausgewählter Gnome-Anwendungen (hier rieche ich den Einfluss von Librem 5) ist ebenfalls ein netter Akzent, der die DE polierter aussehen lässt als je zuvor.

Was jedoch wirklich überzeugt – und ich hatte fast die Hoffnung aufgegeben, es jemals zu sehen – ist die große Steigerung der Performance. Stottern und Frame-Drops treten gelegentlich auf, besonders wenn man einen Haufen Fenster über mehrere virtuelle Desktops hinweg geöffnet hat, aber sie sind nicht mehr allgegenwärtig und viel weniger störend.

Das war schon immer mein Problem, solange es Gnome Shell gab. Es ist immer noch nicht perfekt, aber es ist eine verdammt große Verbesserung.

Obwohl dies wohl eher ein Beweis dafür ist, wie schlecht Gnome früher war, stieß ich nur auf zwei Gnome-Abstürze, die auch alle offenen Anwendungen zum Absturz brachten. Der erste passierte in den ersten paar Tagen der Nutzung vor ein paar Wochen, als ich versuchte, mich anzumelden, nachdem ich den Laptop aus dem Standbymodus geweckt hatte; der zweite passierte beim Schreiben dieses Testberichts, nur wenige Stunden bevor Version 19.10 veröffentlicht wurde.

Der Kram unter der Haube wurde wie gewöhnlich aktualisiert. Der Kernel hat nun die Version 5.3.0, Gnome Shell ist in Version 3.34.1 enthalten. Außerdem kann man nun experimentell / auf einer ZFS-Partition installieren und die Nvidia-Treiber werden mit dem .iso-Image ausgeliefert. Früher waren die Oktober-Releases ziemlich aufregend und voller neuer Funktionen, aber bei diesem ging es mehr um den Feinschliff und die Optimierung der Benutzerfreundlichkeit als um etwas radikal Neues.

Systeminfos in Neofetch.

Was einige Benutzer glücklich machen dürfte ist die kontinuierliche Verbesserung der Snap-Integration, die nun Designs und einige visuelle Updates des Standard-Designs Yaru unterstützt. Subjektiv finde ich Ubuntu 19.10 die am besten aussehende Distribution, die ich seit längerem benutzt habe. Alles, von Gnome selbst bis zur Farbpalette in Dialogfenstern, ist wunderbar anzusehen.

Ich wünsche mir nur, dass die Funktionalität und die Funktionen eines Tages mit der tollen Optik der neuesten Ubuntu-Versionen mithalten können, denn wenn ich den Laptop meiner Freundin benutze, auf dem Ubuntu 16.04 mit Unity läuft, fühle ich mich, als ob die Versionsnummern vertauscht worden wären. Unity in 16.04. überrundet Gnome immer noch locker, was die rohe Leistung, die Skalierung des Bildschirms, die Unterstützung mehrerer Bildschirme und die Anzahl der Top-Features betrifft. Die einzigen Kategorien, in denen 19.10. Punkte erringt, sind das Design, der Touch-Support und die anpassungsfähige App-Skalierung, die auf einem Telefon oder Tablet wichtiger ist als auf Laptops und Desktops.

Es erfordert zu viel Zeit und Mühe, um einfache Aufgaben wie den Anschluss von Bluetooth-Kopfhörern, das Umschalten des Audioausgangs…
…oder das Verbinden mit WLAN-Netzwerken durchzuführen. Es gibt keinen Grund, warum das 5-7 Klicks dauern sollte!

Einer meiner lang gehegten Träume ist es, ein Kalender-Widget zu haben, das es mir ermöglicht, Aufgaben und Ereignisse hinzuzufügen, ohne eine zweite Anwendung starten zu müssen. Man sollte meinen, dass das große, wunderschöne Kalender- und Benachrichtigungs-Widget am oberen Bildschirmrand mir erlaubt, genau das zu tun. Oder? FALSCH!!!!!!!! Solche Dinge sind wirklich ärgerlich, besonders wenn man bedenkt, dass es einige großartige Innovationen im Bereich der Benutzerfreundlichkeit gibt, die einzigartig für Gnome sind. Der App-Wechsel über das Activity-Menü, insbesondere mit der Tastatur, ist zum Beispiel sehr schnell und wirklich cool.

Warum zur Hölle kann nicht der gesamte Desktop so effizient sein?
Licensed as: CC-BY-NC-SA by
Michal Kohutek & Mia Hamiltion

Leider wartet der Lauf der Zeit auf niemanden und Version 16.04. hat nur noch 2 Jahre Support vor sich. Mit der stetigen Verbesserungsrate gibt es eine geringe Chance, dass ich Vanille Ubuntu wieder vollzeitig nutzen kann, ohne nach der Vergangenheit zu schmachten. Den Teams von Canonical und Gnome wünsche ich alles Gute in ihrem Bemühen, dorthin zu gelangen.

Um den 15. Geburtstag von Ubuntu und diese Veröffentlichung zu feiern, habe ich mit einer jungen und talentierten Künstlerin zusammengearbeitet, um ein einzigartiges T-Shirt-Design zu entwickeln. Wenn du das T-Shirt haben möchtest, oder die originale .xcf-Datei um etwas Cooles damit zu machen, schicke mir eine E-Mail.

Dieser Artikel erschien auch auf Michal’s Blog und wurde von André Hahn übersetzt.

Ein ewiger Computer Science Student mit einer Leidenschaft für Open Source Evangelismus. Bringt seit 2007 Menschen zu GNU / Linux. Professioneller Software Pfuscher

3 comments On Ubuntu 19.10 Testbericht

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